Frau Peter: Es gibt viele verschiedene Themen in Ihrem Werk – postindustrielle Landschaften, Architektur, Stillleben, Porträts. Was ist Ihr Lieblingsthema?
M. Hönig: Eigentlich habe ich kein spezielles Lieblingsthema. Vor allem interessieren mich Landschaften, die gewisse gewaltige Komponenten haben, die ich schon immer gerne bereist
habe und die ich als Motive in vielen meiner Bilder umsetze.
Frau Peter: Sehr oft kommen Autos als Statussymbol der modernen Zivilisation vor, die man verlassen und vergessen in einer Landschaft findet, die gerade noch Spuren von Leben
aufweist. Warum fasziniert Sie gerade diese Thematik?
M. Hönig: Autos waren für mich immer ein relativ zentrales Symbol unserer Gesellschaft, zumindest für die Entwicklung in den Jahren von 1950 bis 1990. Der Grundgedanke von
"Mobilität", Glaube an Technik, Glaube an den unbegrenzten Fortschritt. In den Maßen, in den die Autos als vergessene, kaputte Wracks in der Wüste stehen, wird eigentlich dieser Grundgedanke, unter
dem die Gesellschaft gelebt hat, letztlich ad absurdum geführt und so das Scheiterns dieses Gedankens demonstriert.
Frau Peter: Würde man tatsächlich das Motiv, die Komposition des Bildes in der Wirklichkeit so vorfinden?
M. Hönig: Eigentlich in den seltensten Fällen. Im normalen Fall, selbst wenn man viele Länder bereist, findet man Autos kaum in der Landschaft herumstehen, meistens finden sie sich
auf irgendwelchen Schrottplätzen oder in kleinen Käffern in der Wüste, wo sie mit anderem Schrott einfach zwischen den Häusern abgestellt worden sind. Auf meinen Reisen sammle ich diese Motive, die
Autos, die Landschaftselemente, die ich zwangsläufig als Fotos dokumentiere und hinterher, im Atelier, füge ich aus dem ganzen Material Bilder zusammen. In denen versuche ich mittels Komposition,
mittels Überdramatisierung und Steigerung die eigentliche Kernaussage, dieses Zivilisationsscheiterns, die Vergänglichkeit, in übersteigerter Form zu inszenieren.
Frau Peter: Wenn man Ihre Bilder betrachtet, begegnen einem sehr unterschiedlichen Atmosphären, wunderschöne Szenarien, z.B. aus Venedig, kleine Gassen, in denen sich man verlieren
möchte, Landschaften in denen man spazieren gehen möchte, postindustrielle Landschaften, Wüsten, die zwar manche faszinieren, andere aber erschrecken? Neuerdings aber auch Attribute des täglichen
Lebens, wie Supermärkte, die plötzlich aus der Erde ragen?
M. Hönig: Der Beginn dieser Serie richtet seinen Blick eigentlich auf einen anderen Faktor, und zwar darauf, dass die Welt in der wir uns heutzutage bewegen, unsere zivilisatorische
Welt, eigentlich einen wahnsinnig hohen Verlust an Ästhetik aufweist, fehlenden Willen zur Gestaltung und ich letztlich so demonstrieren möchte, dass die meisten Menschen mit einer eigentlich total
hässlichen Umwelt zufrieden sind. Und diese Supermärkte sind eben ein Ausdruck des Ganzen. Hässliche, primitive Bauten sind oft mitten in der Landschaft, mitten in ein schönes Tal gestellt werden,
nur mit einem Gedanken, dass die Menschen möglichst billig und noch billiger konsumieren können und die ganze Ästhetik bleibt leider auf der Strecke. Nachdem ich als Maler neben dem Vergänglichen,
das immer wieder in meinen Bildern vorkommt, eigentlich auch das Ästhetische beachte, fasziniert mich z.B. eben Venedig, wo sich Ästhetik und Vergänglichkeit in so hohem Maße treffen.
Frau Peter: Bilder aus dem Urland - Zyklus, sind sehr emotionale Landschaften in ihrem Kern. Wie treffen Sie die Entscheidung welches Motiv sie malen wollen? Sind das die Wolken die
gerade über den See ziehen, das Licht, die Farben?
M. Hönig: Das sind Faktoren, die man wahrscheinlich oft nicht so klar definieren kann. Was reizt einen, was inspiriert einen an der Landschaft, in der man sich gerade bewegt?
Natürlich fließt hier ein gewisses Grundinteresse an bestimmten Tücken der Landschaft ein. Aus welchen Elementen besteht die Landschaft, wie sind die Elemente verteilt, gibt es Weite, gibt es Enge,
gibt es Felsen, besonders zerklüftete Berge, wie ist das Licht, wie ist die Vegetation, ist die Landschaft durch den Mensch kultiviert? eigentlich sind es viele, viele Faktoren, die die Landschaft
ausmachen. Gibt es von vornherein ein höheres Maß an Harmonie zwischen diesen Elementen, kann die Landschaft oder Szene zum Malen inspirieren. Wenn der Künstler oder Maler sich durch die Landschaft
bewegt, nimmt er alle diese Faktoren wahr und fängt zu klassifizieren an und wenn man dann zu dem Schluss kommt, dass in der Landschaft Elemente sind, die reizvoll und spannend sind, schon wird das
Interesse geweckt, man fotografiert, man wählt aus. Nun ist es mit Fotografieren, was man natürlich macht, denn meistens hat man ja nicht die Zeit zu skizzieren, nicht getan. Man muss sich eine
gewisse Essenz, das Gefühl, was man empfunden hat, Gedanken, die freigesetzt worden sind, bewußt machen.Das Ganze muss man dann später im Atelier umsetzen, indem man die Elemente, die die Landschaft
aufweist, aufgreift, in dem man sie steigert, harmonisiert, in ästhetische Kompositionen zwingt, so dass sie später auch für den Betrachter ihre Wirkung entfalten. Also reicht es nicht die Elemente,
die man zufällig gefunden hat, einfach nur abzumalen. Man muss gestalten, man muss optimieren, um den Ausdruck zu steigern und um den Ausdruck zu erreichen, den man erreichen will.
Frau Peter: Also die Kamera ist immer dabei und es ist ein Prozess, in dem das Bild entsteht. Wann kommt die Entscheidung mit welcher Technik sie das Bild malen?
M. Hönig: Oftmals wird die Entscheidung schon vor Ort getroffen, auf Grund der Erfahrung, die man in vielen verschiedenen Techniken gewonnen hat. Man weiß, das Licht, die Farben, die
Strukturen werden sich mit der und der Technik am eindrucksvollstem umsetzen lassen. Letztendlich haben verschiedene Techniken verschiedene Möglichkeiten und dem entsprechend kann man sie
Auswählen.
Frau Peter: Wenden Sie auch bei einem Bild verschiedene Techniken an?
M. Hönig: Manche Techniken lassen sich natürlich kombinieren, z.B. Acryltuschen mit Aquarellfarben, oder Öl mit Acryl. Um Techniken kombinieren zu können, muss man erst einmal viele
Erfahrungen sammeln, man muss erst einmal die Techniken im Einzelnen gut beherrschen können. Denn erst wenn man eine Technik beherrscht, versteht man letzten Endes welche Stärken, welche Schwächen
die Technik hat. Wenn man dann die Techniken kombinieren kann, so das die Stärken der einer Technik verwendet werden, aber ihre Schwächen durch die Andere ersetzt werden, die in dem Fall besser ist,
dann hat man ganz viele neue Möglichkeiten. Diese Art der Möglichkeiten ergeben sich natürlich erst dann, wenn man als Maler das Interesse entwickelt verschiedenste Maltechniken zu beherrschen und
letztendlich nicht sturer Fachidiot bleibt , der sein ganzes Leben lang z.B. nur mit Öl gemalt hat und alles andere ablehnt.
Frau Peter: Höchstwahrscheinlich wird das Malen dadurch auch viel spannender. Haben Sie eine Lieblingstechnik?
M. Hönig: Kann ich eigentlich nicht sagen, weil ich die Techniken so einsetze, dass ich die für das Motiv oder für das, was ich mit dem Motiv ausdrücken will, geeignetste
Arbeitsweise benutze.
Frau Peter: Stillleben sind eigentlich zusammen gefügte Gegenstände, Objekte, die uns umgeben, über die wir uns definieren, die etwas über uns erzählen. Wie entstehen ihre
Kompositionen, ist das ein Zufall?
M. Hönig: Stillleben sind sicherlich keine Zufallsprozesse. Die Komposition, das Arrangement der Gegenstände spielt eine entscheidende Rolle. Letztendlich besteht ein Stillleben aus
mehreren Faktoren, zum einen gibt es natürlich die Ästhetik der Objekte, oder das Interessante an den Objekten, das im Normalfall auch eine malerische Herausforderung ist, nach dem jedes Objekt eine
andere Oberfläche, eine andere Struktur, eine andere Materialität hat, muss jedes Objekt eben auch anders behandelt werden. Ein anderer Punkt ist das Arrangement und die Auswahl der Objekte.
Arrangement führt dazu, dass das Stillleben als harmonisch empfunden wird. Die Auswahl der Gegenstände ist wieder ein anderes Thema, denn diese erzählt eine Geschichte und die ist sicherlich für den
Betrachter in gewissen Maßen offen. Als Maler mache ich natürlich thematische Vorgaben in welcher Richtung die Assoziationen des Betrachters laufen werden. Die Inspiration gewisse Objekte zu nehmen
ist manchmal auch durch zufällige Situationen bedingt. Man ist im Urlaub, wohnt in einem altem Haus und findet einige alte Sachen die einen inspirieren und interessieren, schon fängt man an,
malerisch zu denken und Stillleben zu arrangieren und eh man sich es versieht, sitzt man schon mit dem Aquarellblock davor . Andere Sachen sammelt man, weil sie interessant sind, legt sie in eine
Kiste, hebt sie auf und irgendwann, kommt man auf sie zurück, weil sie gerade zu der Geschichte, die man erzählen will, gut passen.
Frau Peter: Sie haben auch viele Porträts gemalt. Was ist Ihnen wichtig, was möchten sie über den Menschen, den sie gerade porträtieren, sagen?
M. Hönig: Porträt ist keine einfache Angelegenheit. Ich persönlich bin ein Anhänger der Theorie, dass der Charakter des Menschen, seine Art zu sein, sich in jeder Nuance seiner
Physiognomie eingräbt und indem ich diese Physiognomie präzise abbilde, d.h. wo sind Falten, wo ist eine Asymmetrie etc., den Menschen eben auch in seinem Wesen erfasse. Ich neige auf jeden Fall
nicht zu einer karikierenden, vereinfachenden Übertreibung der einzelnen Elemente, sondern dazu die Gesamterscheinung des Menschen möglichst präzise abzubilden. Bei einem Porträt versuche ich immer
selber ein Foto zu machen, dadurch lernt man die Person auch kennen, man entwickelt ein Gefühl der Person gegenüber, wie sie vielleicht ist, was typisch für sie ist und das ganze fließt dann
natürlich in die Art und Weise , wie man sie porträtiert ein, in welcher Stellung, welcher Umgebung etc. Das faszinierende an Porträts ist die Tatsache, dass jeder Millimeter, sogar schon ein halber
Millimeter Abweichung, je nach Größe des Porträts, einen völlig anderen Ausdruck ergibt und die Ähnlichkeit nur noch in Restfragmenten durchschimmert. Von daher ist Porträt nach wie vor das
schwierigste Thema in der Malerei überhaupt, wenn man davon ausgeht, dass man individuelle Porträts machen möchte.
Frau Peter: Gab es auch schon mal, dass der Porträtierte mit dem Ergebnis überhaupt nicht zufrieden war?
M. Hönig: Ist mir persönlich noch nicht vorgekommen. Porträts werden sowieso mit Erfolgsgarantie gemacht, wem es nicht gefällt, der muss es auch nicht nehmen.
Frau Peter: Wie lange brauchen Sie für ein Bild, z.B. ein Porträt?
M. Hönig: Die Frage ist natürlich sehr relativ. Wenn man als Anfänger malt, wenn man möchte, dass alles präzise und richtig gemacht wird, dauert das oftmals "unendlich" lange. Wenn
man irgendwann dann mal weiß was man tut, dann wird man viel schneller. Von daher ist es ein Wert, der nicht viel aussagt, außer ob der Künstler die Technik beherrscht. Natürlich gibt es gewisse
Faktoren in der Zeit, die damit zusammen hängen wie groß das Bild ist, wie viele Details, wie viele Strukturen auf dem Bild gemalt sind. Generell muss man sagen, dass Realismus eine Malerei ist, die
viel Zeit braucht und die nur funktioniert, wenn man eine gewisse Anzahl an Details auf dem Bild unterbringt.
Frau Peter: Wie kamen sie zum Malen, wie hat Ihre Leidenschaft angefangen?
M. Hönig: Als junger Mensch stellt man irgendwann einmal fest, dass man gewisse Dinge interessant findet und andere nicht. Und wenn man dann zu dem Schluss kommt, dass es eigentlich
das Künstlerdasein, in meinem Fall spezifisch das Malen, die einzige Existenzform ist, die einen davor schützt sich nicht umzubringen, gibt es eben keine Alternativen mehr. Kunst schaffen zu wollen,
entsteht aus einer tiefen Überzeugung, dass man es machen will und machen muss. Ich denke, wenn man diese tiefe Überzeugung nicht hat, dann wird man als Künstler auch nicht lange überleben. Denn der
Beruf ist ziemlich hart und bekanntermaßen ist es auch so, dass der größte Teil der Studenten die an der Akademie Kunst studieren, ihre Tätigkeit dann aber innerhalb von ein paar Jahren wieder
aufgibt. Da fehlt die innere Überzeugung und das Wissen, dass es keine Alternative gibt, egal was die Welt um einen herum dazu sagt.
Frau Peter: Alle Bilder, ob das jetzt Stillleben, ob es Landschaften oder verlassene Autos in der Wüste sind, erzählen eine Geschichte, was ist die Botschaft, die sie durch ihre
Bilder kommunizieren?
M. Hönig: Die Botschaft? Was mich im Prinzip wahrscheinlich schon immer wieder fasziniert hat und was man vielleicht in meinen Bildern erkennen kann, ist das Phänomen der
Vergänglichkeit, mit dem wir als Menschen konfrontiert sind und das versuche ich auch vielschichtig auf verschiedenen Ebenen zu bearbeiten. Das andere Thema, das man als Botschaft sehen kann, ist
eigentlich Ästhetik, die mir ebenfalls wichtig ist. Denn auch im Vergänglichen, in dem Kaputten, in dem Hässlichen, in den Dingen, die dem Untergang geweiht sind, in dem Wandel, in dem Wechsel, der
ständig passiert, muss man eine gewisse Ästhetik entdecken, um sich damit abzufinden. Auch der Zerfall und der Verfall kann eine eigene Schönheit besitzen. Eine Schönheit, die es erträglich macht in
dem Wissen zu leben, dass letztendlich, egal ob es ein einzelner Mensch ist oder ein Objekt oder die Zivilisation, alles dem großen Kreislauf des Untergangs geweilt ist. Das ist eigentlich das
Kernproblem, mit dem wir uns immer auseinander setzen müssen, unsere eigene Vergänglichkeit, an der man entweder ständig leiden kann oder man eben auch versuchen kann, sie als einen in sich
ästhetischen und würdevollen Prozess zu sehen, mit dem man leben kann.
Frau Peter: Aus allen ihren Bildern ist klar, dass sie gerne und viel reisen. Was sind ihre nächsten Ziele? Was würden sie gerne malen?
M. Hönig: Es gibt sicherlich noch manche Landschaften, die durch eine Wildheit und Kargheit , sowie das Gewaltige und Zeitlose charakterisiert sind , das ich in meinen Urlandschaften
versucht habe umzusetzen. Diese reizen mich sehr, z.B. Reisen nach Feuerland oder in die Antarktis wären noch Traumziele . Es gibt aber auch andere nette Sachen wie z.B. nach Ägypten reisen und die
Pyramiden und Tempel zeichnen, wie die alten Expeditionszeichner in 19. Jahrhundert es gemacht haben. Sicherlich würde ich auch weiter Wüsten bereisen, weil sie einfach faszinierend sind und
demonstrieren, dass sie viel mächtiger sind als der Mensch, der sie nicht kontrollieren kann. Es wird sich noch einiges finden, die Erde ist groß.
Frau Peter: Wie würden sie sich stilistisch einordnen, als Realist oder Fotorealist?
M. Hönig: Natürlich passiert es mir oft, dass mich viele für Fotorealisten halten, was ich aber immer wieder verneine. Denn die Annahme, ich wäre Fotorealist beruht eigentlich auf
zwei Fehlern, zum einem darauf, dass viele Menschen auf naive Weise glauben, dass die Kamera alles kann und die zweite Fehlannahme ist, dass meine Bilder so realistisch sie auch sein mögen, die
Wirklichkeit so abbilden, wie man sie vorfindet. Die erste Fehlannahme mit der Kamera entsteht, weil heutzutage jeder fotografiert und sich jeder einbildet, dass man mittels der Fotografie die
Wirklichkeit perfekt erfassen kann. Aber die Kamera ist nur ein Instrument, das durch eine Linse abbildet und nicht über ein stereoskopisches Sehen wie der Mensch verfügt, das stets andere Ergebnisse
liefert, z.B. entzerrt unser Gehirn geneigte Senkrechte (Gebäudekanten etc.) automatisch, hier greift also unser "Bordcomputer" ein. Letztlich ist sie ein relativ ungeschicktes Instrument. Sie kann
nämlich nicht spezifisch bestimmte Teile im Bild betonen im Verhältnis zu anderen, einzelne Objekte dabei auswählen und völlig anders behandeln. Wir sehen dabei mal von der Schärfe ab, ich denke an
Farbwerte und Kontraste. So etwas kann natürlich theoretisch hinterher am Computer passieren, vorbei man dann eigentlich schon wieder die reine Fotografie verlässt und das "Malen" am Computer
betreibt. Die Kamera hat ihre Grenzen und die Grenzen kann ich als Maler ständig überschreiten, weil ich die Möglichkeit habe die Gegenstände auf meinem Bild, die mir wichtig sind, in der Reihenfolge
ihrer Wichtigkeit zu betonen. Also versuche ich die Wahrnehmung des Betrachters vom Wichtigsten zum weniger und noch weniger wichtigen Objekt zu leiten und zwar dadurch, dass ich gewisse Faktoren
übertreibe, wie Unschärfe nach hinten oder Farbveränderung nach hinten. So erziele ich auch eine ganz andere räumliche Wirkung als ein Fotoabzug liefert. Selbst große, ganz tolle Fotoabzüge bleiben
immer eigenartig flach in ihrer Wirkung, sie haben zwar irrsinnig viele Details, damit kann man als Maler nicht unbedingt konkurrieren, aber die sind auch nicht so wichtig, dafür aber die Wirkung von
Räumlichkeit, die Möglichkeit des Eintauchens in das Bild. Die Überzeugung ein Foto würde automatisch schon als Motiv passen ist falsch. Jeder der mehr fotografiert weiß, dass bei tausenden von Fotos
vielleicht ein perfektes dabei ist. Ein Foto auf dem alles passt, die ganze Komposition, jedes Detail. Das ist natürlich etwas, was ich als Maler auf meinen Gemälden selbst beeinflussen kann und
muss. Meist starte ich hier mit dem Computer, d.h. auf dem Computer versuche ich aus verschiedenen Fotos, die ich auf meinen Reisen gemacht habe, die Motive zusammen zu stellen. Natürlich unter
Beachtung, dass die Lichtrichtung, Lichteinfallswinkel passen und das Arrangement der Elemente auf dem Bild optimal ist . Da habe ich alle Freiheiten, weil ich verkleinern, vergrößern, weglassen,
ergänzen kann und auf diese Art und Weise zu Bildern oder optischen Eindrücken komme, die wesentlich dichter, stringenter und homogener sind als das, was ich fotografieren konnte. Aus diesen Gründen
sehe ich mich nicht als Fotorealisten, ich versuche realistische Kompositionen zu machen, die ein hohes Maß an Naturalismus haben. Eigentlich ist es ein Stilmix aus manchmal fantastischen Elementen,
Naturalismus und Realismus, letztendlich ein eklektizistischer Stil, der sich im Laufe der Zeit entwickelt hat.
Frau Peter: Wie schwierig ist die Zusammenstellung der Kompositionen, wie schwierig ist die Arbeit z.B. mit Licht, Schatten, Proportionen?
M. Hönig: Die Schwierigkeit besteht letztendlich darin, dass man ein relativ hohes Maß an plastischen, räumlichen Vorstellungsvermögen entwickelt haben muss. Nachdem man bei dieser
Kombinierung aus verschiedenen Bildern zu einem neuen Bild durchaus viel Anpassungsarbeit zu leisten ist, muss man eigentlich im Laufe der Jahren ein Gefühl dafür entwickelt haben, was passt, was
plausibel ist und das ist sicherlich eine Sache, die dem Anfänger nicht gelingt. Es handelt sich um Feinheiten. Denn wenn der Betrachter hinterher das Bild anschaut, verarbeitet er ganz viel im
Unterbewusstsein, in dem Millionen von visuellen Sinnesabdrücken abgespeichert sind, d.h. jeder kann eigentlich recht gut beurteilen, ob das was er sieht stimmig ist oder nicht. Es ist ein
komplizierter Prozess, auf Bildern Dinge dazu zu erfinden und zu verändern und natürlich ist es immer schwieriger, als wenn man das Motiv vor sich hat, z.B. ein Foto, und es abmalt, was natürlich
auch schon nicht trivial ist.
Frau Peter: Würde sie es reizen ein abstraktes Bild zu malen?
M. Hönig: Nur sehr bedingt. Im Laufe meiner Kariere hat es Gelegenheiten gegeben, wo ich es getan habe, um z.B. Bücher über Struktur- und Spachtelmassen zu schreiben. Was mich da
interessiert hat, war beispielweise Räumlichkeit in reiner Struktur, Farbe oder Form umzusetzen. Bei einer reinen Abstraktion fehlt mir einfach das Konkrete, das Inhaltliche.
© Manfred Hönig